Große Grenzgänger

Mannheimer Morgen
26.09.2013

Fotofestival: Agentur Ostkreuz stellt sich bei zeitraumexit vor

Eigentlich hätte das Projekt perfekt zu den „Grenzgängen“ des 5. Fotofestivals gepasst: 18 Fotografen, die in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen, um Grenzen zu erforschen. Die eigenen ebenso wie Grenzen, die Länder trennen und Menschen. „Über Grenzen“ heißt das Projekt, an dem die Agentur Ostkreuz jahrelang geschlossen arbeitete, und das 2012 als Ausstellung im Berliner Haus der Kulturen der Welt zu sehen war. „Passt perfekt“, dachte sich auch Ostkreuz-Fotografin Sibylle Fendt, fragte beim Fotofestival an – und stieß schnell an eine Grenze: „Wir sind eben nicht Magnum.“

Freiheit und Wirtschaftlichkeit
Die legendäre Agentur steht im Fokus des Festivals, das noch bis 10. November 1300 Fotos in acht Kunsthäusern zeigt. Aber weil eben ihr Projekt so gut passt, bekam Ostkreuz dennoch einen kleinen, aber feinen Platz im Rahmenprogramm. Im Mannheimer Künstlerhaus Zeitraumexit stellten Fendt und ihre Kollegen Heinrich Völkel und Annette Hauschild die Agentur und ihr Projekt vor. Und sie berichteten danach im Gespräch mit Annika Wind, Kulturredakteurin dieser Zeitung, von Lust und Frust am gemeinsamen Arbeiten und dem Balanceakt zwischen Freiheit und Wirtschaftlichkeit.
Ostkreuz, nach der Wende 1990 in Berlin gegründet, ist – wie Magnum – eine Agentur, die von Fotografen selbst organisiert wird. Und sie ist – wie Magnum – sehr erfolgreich. Kaum ein Mitglied, das nicht mit Preisen dekoriert ist. Zur großen Agenturschwester schaut man zwar mit Bewunderung auf, legt aber auch Wert darauf, anders zu sein. Als „Debattierclub“ beschreibt Völkel die Agentur. „Der Austausch, die Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit und der anderer Mitglieder ist ein enormer Ansporn“, sagt Fendt.
Für „Über Grenzen“ fotografierte sie in Asylbewerberheimen in Berlin und hielt den Gegensatz zwischen einzelnem Schicksal und anonymem Bürokratieverfahren fest. Hauschild beschäftigte sich mit gesellschaftlichen Grenzen und besuchte Roma in ganz Europa. Völkel fotografiert eine ganz reale Grenze – die zwischen Nord- und Südzypern. Etwas von der Wirklichkeit erzählen, das sei der Anspruch der Agentur, sagt Hauschild. Deshalb sei Ostkreuz vor allem eins: eine Haltung.
Von Sarah Weik