Wunder der Prärie: Dragana Bulut ermittelt den Wert von Kunst
Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten: verkauft! Für nur 55 Euro kommt Performerin und Choreografin Dragana Bulut unter den Hammer – zumindest 24 Stunden mit ihr. Gebot und Einsatz aber sind verbindlich, das mussten die Zuschauer und potenziellen Marktakteure im Zeitraumexit bei der zweiteiligen Performance „30 ways/Pass it on“ zuvor schriftlich quittieren. Denn die Late- Night-Vorstellung im Kubus stellte mit einer Auktion zum Wohle Kunstschaffender weit mehr als nur die Urheberschaft von deren Arbeit zur Disposition.
Herrlich komisches Spiel
Geschäftstüchtigkeit legt vor allem Bulut an den Tag, die als glänzend beobachtende Auktionatorin zur Dompteurin von Geboten und Preisen avanciert. Atemlos werden Produkte angepriesen, klimmen Zahlen in die Höhe oder purzeln, bei einem zu hoch angesetzten Startgebot, in den Keller. Ein anschauliches, herrlich komisches Spiel von Angebot und Nachfrage wird entfesselt, das bei allem Amüsement ein ernstes Anliegen formuliert: Wie ist der Wert von Kunst in einer kapitalistisch geprägten Gesellschaft zu beziffern?
Die Idee zweier osteuropäischer Choreographen wechselt für elf Euro den Besitzer, eine Musik-CD für zehn, das in der zuvor dargebotenen Tanzperformance getragene T-Shirt erreicht den gleichen Kurs – die Performance selbst sollte an diesem Abend keinen Käufer finden. Buluts tänzerische Auseinandersetzung mit den monetären Widrigkeiten, bei der sie anfänglich entschlossen, im Verlauf aber zusehends verzweifelter die Situation zahlloser Künstler facettenreich abzubilden versteht, um sie gleichsam mit der Originalchoreographie aus „Flashdance“ zu konterkarieren, erreicht den Mindestpreis von 200 Euro nicht.
Dabei setzt die Wahlberlinerin keineswegs auf Mitleid. Voller Tatendrang spielt ihre doppelte Solo-Vorstellung den Ball zurück an die Konsumenten und fragt unverblümt, was ihnen, was jedem Einzelnen persönlich die Kunst wert ist.
db