Wunder der Prärie: Die "Ravemachine" beeindruckt
Zuerst ist nur das Surren vom Elektrorolli zu hören. In ausholenden Schleifen bewegt der Tänzer Michael Turinsky seinen Rollstuhl über den schwarzen Bühnenboden. Es sieht aus, als würde er liegende Achter, als Unendlichkeitsschleifen abfahren. Das würde gut zur Musik passen, die später einsetzt und in verschieden aufgebauten Formen und Rhythmen den Raum, die Künstler und die Körper der Besucher in Schwingung versetzt. Zunächst aber hört man nur das Surren der fahrenden Sitzmaschine und sieht dazu die geformten Schlaufen ihrer Route.
Aus Surren wird Wummern
Während der eine sitzt und mit der rechten Hand die Bewegung und damit das Maschinensurren erzeugt, steht die andere, Doris Uhlich, vor Notebook und Regler. Sie hat das Surren aufgenommen, um es zu sampeln, zu verstärken. Bald ist es zum Wummern angeschwollen; bald setzt der Beat ein, der das Ganze zu einer „Ravemachine“ wandelt. Dabei verweist „Rave“ auf die elektronischen Soundexperimente Ende der 80er Jahre, bei denen Musiker alle möglichen Beats am Computer kreuz und quer schichteten. Ralf Hütter von Kraftwerk hat dazu gesagt: „Maschinen tanzen ja, sozusagen (…), Wiederholung und Rhythmen bauen auf. Aber das ist wohl mehr eine künstlerische Fiktion.“
Für das an Bewegung interessierte Team Uhlich und Turinsky ist aber nicht nur die Maschine, sondern auch das Verhältnis des Körpers zu ihr von Interesse. Wobei der körperlich behinderte Choreograf und Philosoph Turinsky derselben Maschine ausgesetzt ist wie seine Partnerin und alle anderen im Raum auch. „My machine is your machine is my machine“, sagt er im „Rave“ während der Performance. Und die sich wiederholenden Techno-Beats, die den Körper einnehmen, werden durch die Bewegungen gespiegelt. Uhlich ist die Energie in ihren Werken inzwischen wichtiger als die Form. In „Ravemachine“ zeigen die beiden experimentierfreudigen Künstler, wie viel Energie zwischen Mensch und Maschine frei wird.
Nora Abdel Rahman